Quelle: Rieser Nachrichten vom September 2002

(wdk).Als sich am letzten Schultag die Türe der Hohenaltheimer Schule hinter den Kindern zum letzten Mal schloss, ging die rund 450-jährige wechselvolle Hohenaltheimer Schulgeschichte zu Ende.

Die Anfänge des Hohenaltheimer Schulwesens reichen bis in die Mitte des 16.Jahrhunderts zurück.Ein besonderes Anliegen der Reformation war ja die Unterweisung der Jugend im Lesen und Schreiben.Ein jeder sollte in der Lage sein, die Heilige Schrift zu lesen und deutsche Kirchenlieder zu singen.
 
  
Die Hohenaltheimer Schule nach dem östlichen Anbau in Jahre 1888. Die Fenster im Obergeschoss wurden zum Teil vermauert, um die Schultafel befestigen zu können.
 

 

1555 wurde die Pfarrstelle in Hohenaltheim Samuel Marschalk aus Höchstädt anvertraut, der eine "Kinderlehre"' einrichtete und neben seinem Seelsorgeramt gleichzeitig auch als Lehrer wirkte.Im Dezember 1575 fragte Manasses Lutz, ehemaliger Lehrer zu Maihingen, bei Graf Gottfried um die Hohenaltheimer Schulstelle nach.Er wolle sich hier auf eigene Kosten niederlassen und eine der beiden Stuben im alten baufälligen Pfarrhaus bewohnen und auch dort unterrichten.Der Graf müsse nur ein wenig Holz dazugeben.Sein Ersuchen auf Unterstützung wurde mit folgendem Bescheid abgelehnt: "Mög auf sein Pfennig zu Altheim Schul halten, doch meinen gnädigen Herrn nicht mit überlaufen belästigen." Unter diesen Umständen blieb Lutz natürlich nicht lange in Hohenaltheim.
Erst mit der Einstellung des Lehrers Daniel Tröglein im Jahre 1609 kann von der dauerhaften Einrichtung einer Schule gesprochen werden.Der Unterricht erfolgte nach wie vor in einer Stube des alten Pfarrhauses, die Tröglein auch als Wohn- und Schlafzimmer für sich und seine Kinder dienen musste und für die er Zins zu zahlen hatte.Die Eingabe von Hohen- und Niederaltheim an den Grafen, dass er "aus Gnaden einem Schulmeister etwas zu seiner Unterhaltung erteilen möge", wurde erneut abschlägig beschieden.Beinahe wäre die Anstellung des Lehrers an der mangelhaften Besoldung gescheitert, hätte sich der Graf nicht doch noch erweichen lassen und "8 Klafter Holz samt 200 Wellen und vier Malter Roggen" bewilligt.
1622 kauften die Gemeinden mit Mitteln der Kirchenstiftung ein Haus, das zum Schulhaus umfunktioniert und mit Tischen und Bänken ausgestattet wurde.
In der schrecklichen Zeit des Dreißigjährigen Krieges ist in Hohenaltheim nur der Lehrer Paulus Nittinger mit Sicherheit nachweisbar.Mehrfach wurde der Ort von marodierenden Soldaten geplündert und gebrandschatzt.Das Schulhaus wurde zerstört, weite Teile der Gemeindeflur lagen brach, viele Gemeindebürger flüchteten oder verloren in den Wirren des Krieges ihr Leben, sodass die Schulstelle von 1640 bis 1650 unbesetzt blieb.
Erst 1651 gab es wieder genügend Schulkinder.Die Gemeinden kauften ein Häuslein "auf der Kirchhofmauer" und erweiterten es zum Schulhaus."Die Schar der Kinder glich dem verwilderten und mit Gestrüpp bewachsenen Ackerland rings um das Dorf, das zum Teil seit Jahrzehnten brach lag." So mag Josias Fakler, der zwanzig Jahre in Hohenaltheim unterrichtete, seine liebe Not gehabt haben.
1682 trat der bisherige Landgärtner Thomas Goltzsch in den Hohenaltheimer Schuldienst ein.Mit allen Kräften trat er für den Bau eines neuen Schulhauses ein, da sogar der Amtmann bestätigte: "Es sei zu besorgen, dass das Schulhaus bei einem starken Wind über den Haufen geworfen werde." Goltzsch klagte in einem Brief an den Amtmann, dass selbst die Kuhhirten besser bezahlt würden und dass man in Hohenaltheim mehr auf Vieh und Rinder als Erziehung der Kinder achten würde.Dennoch wurde mit Unterstützung des Grafen bereits im Folgejahr ein neues Schulhaus errichtet, das allerdings schon nach gut fünfzig Jahren wieder baufällig war.
Zu Beginn des 18.Jahrhunderts gab es wegen vielfacher Streitigkeiten mit der Gemeinde häufigen Lehrerwechsel.Schließlich übernahm der Bader Caspar Adam Hagenetter den Schuldienst, bis man wieder einen Lehrer gefunden hatte.Der Lehrerfolg war jedoch so gering, "dass nur die besonnene Haltung der Älteren verhinderte, dass der Lehrer aus derGemeinde geworfen wurde".
Da die Schülerzahl inzwischen auf über 120 angestiegen war, wurde als Gehilfe Johann Konrad Erthel aus Wittelshofen eingestellt, dem man zunächst gar keine feste Wohnung geben wollte.So war Erthel gezwungen, bald in diesem, bald in jenem Bauernhaus Kost und Logis zu suchen.Obwohl sich Erthel sehr für Schule und Gemeinde engagierte und allgemein beliebt war, musste er auf Geheiß des Fürsten dem Hoflakai Johann Georg Gögel weichen und nach Deiningen ziehen.
Im 19.Jahrhundert waren zunächst Johann Michael Schönamsgruber und später sein Schwiegersohn Johann Christian Schönamsgruber für mehr als sechzig Jahre als Schulmeister in Hohenaltheim tätig.

 

Die 1856 neu erbaute Schule am südlichen Kirchberg. Nicht mehr erhalten sind die Schleifgaube und der auf halber Höhe ringsum laufende Sims. Im Hintergrund die Pfarrkirche St. Johannis. Vignette 1880. 
 

 

1856 wurde auf Weisung der Kgl.Regierung von Schwaben und Neuburg ein neues Schulhaus am Südhang des Kirchberges errichtet.Zum Entsetzen der Gemeinde lagen die tatsachlichen Kosten von 5400 Gulden fast doppelt so hoch wie der Kostenvorschlag, sodass man einen Kredit aufnehmen musste.Erstmals gab es nun zwei Schulzimmer, eine Lehrerdienstwohnung und eine Hilfslehrerwohnung.Wegen weiterhin steigender Schülerzahlen wurde bereits 1888 eine Erweiterung des Hauses vorgenommen. 

Die Schulstellenbeschreibung von 1912 schildert die Situation in Hohenaltheim nicht gerade überschwänglich.Zum einen hatte der Lehrer auch als Mesner und Organist zu wirken, zum anderen sind die Zimmer der Lehrerdienstwohnung zum Teil als feucht beschrieben, das Wasser musste vom Gemeindebrunnen geholt werden und der trockene und felsige Garten brachte nur einen geringen Ertrag.

Die politischen Veränderungen des Jahres 1919 brachten einschneidende Veränderungen. Die "niederen Kirchendienste" wurden vom Schuldienst getrennt und das fürstliche Präsentationsrecht im Jahre 1920 abgeschafft, womit natürlich auch der Zuschuss des Fürstenhauses Oettingen-Wallerstein zum Lehrereinkommen entfiel.

Nach dem Zweiten Weltkrieg leitete zunächst Frieda Beck sieben Jahre lang die Schule.Sie wurde abgelöst durch Hans Linse, der am 1. September 1951 seine neue Stelle antrat.In seiner 20-jährigen Dienstzeit in Hohenaltheim erfuhr das schulische Leben einen großen Aufschwung.Der beliebte Lehrer leitete zudem eine Laienspielgruppe und den Kirchenchor.Gleich zu Beginn seiner Dienstzeit wurde vom Gemeinderat eine dritte Lehrerstelle nach anfänglicher Weigerung dann doch genehmigt, da durch den Flüchtlingsstrom die Schülerzahlen bis auf 160 (1949) angestiegen waren.

Weil die alte Schule renovierungsbedürftig war und zudem aus allen Nähten platzte, beschlossen die Gemeinderäte von Hohen- und Niederaltheim1963 den Bau einer neuen Schule in unmittelbarer Nachbarschaft zum alten Schulgebäude.Ein geeignetes Grundstück war bereits 1933 vom fürstlichen Hause erworben worden.

Am 18.Juli 1965 war es dann endlich soweit.Die neue Schule konnte unter Beisein von viel Prominenz ihrer Bestimmung übergeben werden.Alle Festredner waren des Lobes voll und immer wieder konnte man von älteren Hohenaltheimern hören: "Da möchte ich auch noch einmal in die Schule gehen." Die weiterhin dreiklassige Schule zählte damals zu den schönsten im Landkreis Nördlingen.Der 144 Quadratmeter große Turnraum war der erste dieser Art in einer Landgemeinde des Rieses.

Wesentlichen Anteil am Zustandekommen der neuen Schule hatte Hauptlehrer Hans Linse, der noch bis 1971 in Hohenaltheim blieb.Die alte Schule wurde 1974 an den neu zugezogenen Tierarzt verkauft, der das Ge-bäude grundlegend sanierte und den Schulstadel durch einen zweiten Gebäudetrakt ersetzte.Trotzdem blieb der Charakter des alten Schulgebäudes in unmittelbarer Nähe zur St. Johannis-Kirche erhalten.

Mit der Neugliederung der Volksschulen im


 

Die Schänamsgrubers prägten von 1806 
bis 1869 das Hohenaltheimer Schulleben. 
   1856 erfolgte der Neubau des Schulgebäudes.
20 Jahre war Hauptlehrer Hans Linse an der
Hohenaltheimer Schule tätig (1952 – 1971).
Der Neubau wurde von ihm vorangetrieben.
 
 
 
Landkreis Nördlingen im Jahre 1969, die unglücklicherweise vor der Gemeindereform (1972-78) stattfand, änderte sich auch in Hohenaltheim die Situation grundlegend.Die einzelnen Jahrgänge sollten jeweils an einem Schulort zusammengefasst werden, was zu dem vielfach beklagten alltäglichen "Schülertourismus" führte.Dies änderte sich auch nicht, als die Hohenaltheimer Schüler 1972 der Grund- und Hauptschule Mönchsdegginen eingegliedert wurden. Die neue Schule wurde als Außenstelle der Mönchsdegginger Verbandsschule weitergeführt und war mit drei Klassen auch weiterhin voll belegt.
Trotz größter Bemühungen gelang es der Gemeinde Hohenaltheim nicht, die immer wieder angezweifelte Existenzberechtigung der Schule durch einen langfristigen Vertrag abzusichern.Dramatisch sinkende Schülerzahlen, die Einführung der sechsklassigen Realschule sowie die verständlichen Bemühungen der Stadt Harburg, die bemüht war, auch die Schüler der Harburger Ortsteile (zum Beispiel Großsorheim) in Harburg zu unterrichten, führten dazu, dass vor rund fünf Jahren die Schule schon einmal vor dem unmittelbaren "Aus" stand.Zu diesem Zeitpunkt waren noch nicht einmal die Baukredite vollständig zurückgezahlt.
In dieser verzweifelten Situation entschlossen sich Eltern und Schüler des Schulverbandes, insbesondere aus Hohen- und Niederaltheim, zu einerAktion, die schwabenweit bekannt wurde: nämlich zu einer Demonstration vor dem Augsburger Regierungsgebäude unmittelbar unter den Fenstern der Schulabteilung.So etwas hatte man bei der Regierung noch nicht erlebt.Argwöhnisch beobachteten mehrere Polizisten die Eltern und Schüler aus dem Südries.Der dort vielfach unter Zuhilfenahme eines Megaphons skandierte Satz "Hände weg vom Schulverband!" hatte zumindest aufschiebende Wirkung und nötigte der Schulabteilung bei der Regierung von Schwaben die Zusicherung ab, mit der Schließung der Schule bis insneue Jahrtausend zu warten.
Mit dem letzten Schultag am 31. Juli erfolgte dann, fast unbeachtet von der Bevölkerung, die endgültige Schließung der Schule. 450 Jahre Hohenaltheimer Schulgeschichte gingen zu Ende.Für Hohenaltheim bedeutet der Verlust der Schule geradezu eine Katastrophe und eine weitere Schwächung der Infrastruktur.
Wie geht es weiter? Noch hat sich der Gemeinderat nicht eingehend mit der Verwendung des Schulgebäudes und des großen umgebenden Areals beschäftigt, nachdem erst im vergangenen Jahr die Außenanlagen im Rahmen der Dorferneuerung neu gestaltet worden waren.Vorn "Haus der Vereine", über den Verkauf, bis zum Abriss sollen in den nächsten Monaten alle Möglichkeiten geprüft werden, wobei vielfach der Wunsch geäußert wird, das Gebäude möge der Allgemeinheit erhalten bleiben.Schließlich ist der 144 Quadratmeter große Turnraum der einzige größere Saal in Hohen- und Niederaltheim.

 

75 Kinder wurden 1930 in der Hohenaltheimer Schule unterrichtet. Erstmals war eine Frau als Hilfslehrerin tätig. Katharina Billian unterrichtete von 1917 bis 1930 an dieser Schulstelle. Rechts Hauptlehrer Adolf Sieber, Sohn des Orgelbauers Philipp Sieber.

 
 
Mit dem letzten Schultag am 31. Juli 2002 endet die Geschichte des Hohenaltheimer Schulwesens. Unser Bild zeigt die Lehrerinnen Birgit und Barbara Hertle mit 43 Kindern kurz vor dem Gang zum Schlussgottesdienst. 
Bilder / Repros (6): Kavasch
 
 
 
Quellen: Geschichte von Hohenaltheim auf Grund archivalischer Studien in Einzelbildern dargestellt von Otto Erhard, Erlangen, 1904.Geschichte von Hohenaltheim von Wilfried Sponsel (unveröffentlicht).